Der Innerberger Stadel - Vom Lagerhaus zum Museum
Eine kuriose Baugeschichte
Innerberger Stadel und Grünmarkt um 1800 Steyr war im 16. und 17. Jahrhundert das Zentrum des Eisenhandels nördlich des steirischen Erzberges. Um die dort benötigten Lebensmittel einzulagern, beabsichtigte die Stadt Steyr unterhalb der Pfarrkirche am "Grimmort", dem heutigen Grünmarkt, einen Speicher zu errichten. Der gewünschte Bauplatz war ein Teil des ehemaligen Pfarrgartens der Stadtpfarre, die vom Stift Garsten verwaltet wurde.
In einem Vertrag überließ das Stift 1590 das Grundstück der Stadt, die im Gegenzug jährliche Abgaben leisten musste. Der erste Entwurf des Speicherkastens sah im Erdgeschoss einen Arkadengang vor. Ursprünglich sollten dort Fleischbänke, in den oberen Stockwerken Getreideschüttböden eingerichtet werden. Die Türkenkriege, der Bauernaufstand und die Gegenreformation verzögerten allerdings die Ausführungen des Vorhabens. Erst im Sommer 1611 konnte mit den Bauarbeiten begonnen werden.
Das Stift betrachtete den Kaufbrief offensichtlich nicht als bindend; als der Abt vom Bau erfuhr, beschwerte er sich bei der Stadt und dem Landeshauptmann. Als Kompromiss mussten nun anstelle der geplanten Fleischbänke Salzkammern eingerichtet werden. Des Weiteren durfte das Gebäude maximal zwei Obergeschosse erhalten. Die Fenster zum Pfarrgarten wurden außerdem vergittert, damit keine Abfälle in den Hof geworfen werden konnten. Zudem musste die Stadt jährlich 10 Gulden und 3 Fulder (ca. 187 kg) Salz als Entschädigung an jeden Stadtpfarrer leisten.
Wie eine Inschrift an der Fassade verrät, wurde der "Stadl im Grimmort" schon 1612 in seinem heutigen Erscheinungsbild fertiggestellt. Bald stellte sich jedoch heraus, dass sich die feuchten Erdgeschossräume nicht zur Salzlagerung eigneten, sodass in ihnen stattdessen eine Wagenremise eingerichtet wurde.
Wie das Haus zu seinem Namen kam
Am 28. Dezember 1628 erwarb die Innerberger Hauptgewerkschaft den Speicherbau. Dieser Vereinigung unterstand das Eisenwesen im nördlichen Bereich des Erzberges. Sie schloss die drei wichtigsten Gewerke des Eisenwesens von Innerberg, der heutigen Stadt Eisenerz, zusammen: Die Radmeister waren für die Roheisenerzeugung verantwortlich, die Hammerherren für die Weiterverarbeitung zu Stahl und Eisen. Die Eisenverleger für den Vertrieb der Eisenwaren waren größtenteils in Steyr beheimatet. Die Innerberger Hauptgewerkschaft war mit 2.000 bis 3.000 Beschäftigten und einer Jahresproduktion von ca. 5.000 t Eisen im 17. Jahrhundert das größte Eisen produzierende Unternehmen der Welt. An sie erinnert auch ihr eisernes Wappenschild an der Fassade und der Name Innerberger Stadel.
Rettung vor dem Abbruch
Ab 1913 wurde das Gebäude als Heimathaus genutzt.Fast 300 Jahre lang fand das Gebäude als Speicherbau Verwendung, bis es 1908 wieder in den Besitz der Stadt Steyr kam. Es sollte zugunsten eines neuen Postgebäudes abgebrochen werden. Dies konnte jedoch unter anderem durch den Leiter der "K.K. Zentralkommission für Denkmalpflege", Thronfolger Franz Ferdinand, verhindert werden. Diesem Umstand verdanken wir, dass wir das Gebäude auch noch heute in der Gestalt der Errichtungszeit erleben können.
Vom Lagerhaus zum Museum
1913 wurde das leerstehende Gebäude als Stadtmuseum eingerichtet und die aufwändigen Schmiedearbeiten des Wappenadlers und des Wasserspeiers an der Fassade angebracht. In den 1920er Jahren fand hier zusätzlich das Steyrer Kripperl seinen Platz, heute eines der letzten aktiven Stabpuppentheater im deutschen Sprachraum und immaterielles UNESCO-Kulturerbe. In der Mitte des 20. Jahrhunderts wurde das Stadtmuseum um ein Schaugebäude ergänzt und um einen Verbindungstrakt zum Neutorgebäude erweitert.
An der Rückseite des Gebäudes wurde ein Liftturm in Kupferverkleidung errichtet.Gelungene Symbiose aus Vergangenheit und Gegenwart
Die Oberösterreichische Landesausstellung 2021 bildete den Anlass, den Museumskomplex nicht nur zu restaurieren, sondern auch in technischer und funktionaler Hinsicht zeitgemäß zu adaptieren. Nach der Restaurierung und Umbau zeigt sich der Innerberger Stadel durch diese gelungene Symbiose aus Vergangenheit und Gegenwart für das nächste Jahrhundert gerüstet. Im Mai 2022 eröffnete das neue Stadtmuseum Steyr in den ehemaligen Lagerräumen. Als Speicher der Geschichte bleibt der Innerberger Stadel so seiner ursprünglichen Bestimmung weiterhin treu.
Quelle: Innerberger Stadl. Restaurierung und Umbau eines Geschichtsspeichers. Hrg. vom Bundesdenkmalamt, Abteilung Oberösterreich in der Reihe "wiederhergestellt".